Machen wir uns nichts vor: Die meisten Besucher in der Maasai Mara nehmen die zierlichen „Tommys“ in erster Linie als Gepardenfutter wahr. Wenn es zum Sprint auf Leben oder Tod kommt, sind die Sympathien fast immer aufseiten der Raubkatze. Kaum einer nimmt sich die Zeit, die hübschen kleinen Gazellen einmal genauer zu beobachten. Schade, Sie verpassen was …
Reinhard Radkes Kolumne zur afrikanischen Tierwelt
Zunächst: Was ist eine Thomson-Gazelle? Vorsichtig mit schnellem Achselzucken: Eigentlich sollten sie nach Meinung fachkundiger Systematiker „Rotstirngazellen“ heißen. Und die Thomson-Gazelle wäre dann nur die Unterart Gazella rufifrons thomsoni. Eben die Art, die der Entdecker Joseph Thomson bei seinen Expeditionen in Ostafrika vorfand. Das Hauptverbreitungsgebiet der Rufifrons-Gattungsgruppe liegt in der Sahelzone von Westafrika bis in den Sudan mit sieben weiteren Unterarten. Die Art, die im Serengeti-Ökosystem (also auch in Maasai Mara) vorkommt – oft als Gazella thomsoni bezeichnet – wird nach einigen neuen Nomenklaturen Eudorcas thomsoni genannt. Allerdings hat das Verbreitungsgebiet dieser Tiere keine Verbindung zum viel größeren Genpool der „eigentlichen“ Rufifrons- Gruppe aus der Region südlich der Sahara. So weit, so verwirrend? Genau, auch alltägliche Tiere haben so ihre Tücken!
Zurück zu der üblichen Wahrnehmung der Thomson-Gazelle als bevorzugtes Gepardenfutter: So mancher Beobachter stellte bei einem Jagdversuch der Sprinter enttäuscht fest: „Da hat der Bock aber Glück gehabt“ – wenn die rassige Katze die Jagd aufgab und ein fahlgelber Schatten im Gras verschwand. Nun, nicht nur Glück: Tommys sind kaum langsamer als ihre berühmten Verfolger, was immer wieder unterschätzt wird. Keiner weiß, zur ausreichenden Gerechtigkeit, wie schnell Geparde im Gelände tatsächlich sind (trotz aller Rekordjubel, die man so liest), und deshalb können die Tommys sicher gut damit leben, dass ihre Geschwindigkeit meist unterschätzt wird. An die Hundert Kilometer pro Stunde machen sie wohl schon – jedenfalls, wenn man den „fetzigen“ Geparden dieses Tempo zugesteht. Denn oft genug laufen Tommys den Rekordhaltern einfach davon – je nach Taktik und Gelände.
Ihre schmalen Schnauzen prädestinieren die graziösen Gazellen zu „selektiven Grasfressern“, die gezielt kurze Grashalme abweiden. Deshalb fühlen sie sich in hohem Gras nicht wohl. In der Maasai Mara findet man nach der Regenzeit riesige Gebiete mit fast meterhohem Gras, wo sich kein Tommy herumtreibt. Erst wenn Büffel, Zebras und Gnus diese Felder „gemäht“ haben, werden sie auch von den trippelnden Schmalmäulern genutzt. Aus der Serengeti hat man dies als „Grase-Reihenfolge “ (grazing succession) beschrieben, was aber nicht zu wörtlich genommen werden sollte. Tommys sind durchaus anpassungsfähige Tiere, die in einem sehr weiten Bereich von Lebensräumen vorkommen – vor allem aber in relativ trockenen Grassteppen. Ihre Futterpräferenzen haben dazu führt, dass die Gazellen oft auf dem kurz gegrasten Maasai-Weideland zu finden sind. In der Serengeti hat man bei ihnen ausgedehnte jahreszeitliche Wanderungen festgestellt. Von den südlichen Regenzeitweiden unter den Ngorongoro Vulkanen, ziehen sie bis zu den Grasebenen der westlichen Serengeti entlang des Grumeti Flusses. Auch die Mara-Population wandert jedes Jahr – man weiß nur nicht so recht wohin. Die Gebiete nördlich der Mara sind mittlerweile derart dicht besiedelt, dass es selbst für die schlanken Gazellen dort eng wird.
Wie gesagt, Sie verpassen etwas, wenn Sie die flinken Grazien auf der Suche nach den großen Katzen links liegen lassen. Die zierlichen Hornträger sind reizvolle Fotomotive, wenn Sie sich Zeit nehmen und sich mit deren Biologie und Verhalten auseinandersetzen.
Thomson’s Gazelle: Alles andere als alltäglich
Reinhard Radkes Kolumne zur afrikanischen Tierwelt
Zunächst: Was ist eine Thomson-Gazelle? Vorsichtig mit schnellem Achselzucken: Eigentlich sollten sie nach Meinung fachkundiger Systematiker „Rotstirngazellen“ heißen. Und die Thomson-Gazelle wäre dann nur die Unterart Gazella rufifrons thomsoni. Eben die Art, die der Entdecker Joseph Thomson bei seinen Expeditionen in Ostafrika vorfand. Das Hauptverbreitungsgebiet der Rufifrons-Gattungsgruppe liegt in der Sahelzone von Westafrika bis in den Sudan mit sieben weiteren Unterarten. Die Art, die im Serengeti-Ökosystem (also auch in Maasai Mara) vorkommt – oft als Gazella thomsoni bezeichnet – wird nach einigen neuen Nomenklaturen Eudorcas thomsoni genannt. Allerdings hat das Verbreitungsgebiet dieser Tiere keine Verbindung zum viel größeren Genpool der „eigentlichen“ Rufifrons- Gruppe aus der Region südlich der Sahara. So weit, so verwirrend? Genau, auch alltägliche Tiere haben so ihre Tücken!
Zurück zu der üblichen Wahrnehmung der Thomson-Gazelle als bevorzugtes Gepardenfutter: So mancher Beobachter stellte bei einem Jagdversuch der Sprinter enttäuscht fest: „Da hat der Bock aber Glück gehabt“ – wenn die rassige Katze die Jagd aufgab und ein fahlgelber Schatten im Gras verschwand. Nun, nicht nur Glück: Tommys sind kaum langsamer als ihre berühmten Verfolger, was immer wieder unterschätzt wird. Keiner weiß, zur ausreichenden Gerechtigkeit, wie schnell Geparde im Gelände tatsächlich sind (trotz aller Rekordjubel, die man so liest), und deshalb können die Tommys sicher gut damit leben, dass ihre Geschwindigkeit meist unterschätzt wird. An die Hundert Kilometer pro Stunde machen sie wohl schon – jedenfalls, wenn man den „fetzigen“ Geparden dieses Tempo zugesteht. Denn oft genug laufen Tommys den Rekordhaltern einfach davon – je nach Taktik und Gelände.
Ihre schmalen Schnauzen prädestinieren die graziösen Gazellen zu „selektiven Grasfressern“, die gezielt kurze Grashalme abweiden. Deshalb fühlen sie sich in hohem Gras nicht wohl. In der Maasai Mara findet man nach der Regenzeit riesige Gebiete mit fast meterhohem Gras, wo sich kein Tommy herumtreibt. Erst wenn Büffel, Zebras und Gnus diese Felder „gemäht“ haben, werden sie auch von den trippelnden Schmalmäulern genutzt. Aus der Serengeti hat man dies als „Grase-Reihenfolge “ (grazing succession) beschrieben, was aber nicht zu wörtlich genommen werden sollte. Tommys sind durchaus anpassungsfähige Tiere, die in einem sehr weiten Bereich von Lebensräumen vorkommen – vor allem aber in relativ trockenen Grassteppen. Ihre Futterpräferenzen haben dazu führt, dass die Gazellen oft auf dem kurz gegrasten Maasai-Weideland zu finden sind. In der Serengeti hat man bei ihnen ausgedehnte jahreszeitliche Wanderungen festgestellt. Von den südlichen Regenzeitweiden unter den Ngorongoro Vulkanen, ziehen sie bis zu den Grasebenen der westlichen Serengeti entlang des Grumeti Flusses. Auch die Mara-Population wandert jedes Jahr – man weiß nur nicht so recht wohin. Die Gebiete nördlich der Mara sind mittlerweile derart dicht besiedelt, dass es selbst für die schlanken Gazellen dort eng wird.
Wie gesagt, Sie verpassen etwas, wenn Sie die flinken Grazien auf der Suche nach den großen Katzen links liegen lassen. Die zierlichen Hornträger sind reizvolle Fotomotive, wenn Sie sich Zeit nehmen und sich mit deren Biologie und Verhalten auseinandersetzen.
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