Afrikas Tierwelt Matira Magazin

Geparde in der Wiege

Die Jugend von Geparden ist extrem gefährlich. Die Mütter bringen die Neugeborenen in möglichst unauffälligen Verstecken unter und bewachen sie bis auf die Unterbrechungen zur Nahrungsbeschaffung. In dieser Zeit sind die Babys durch Löwen, Hyänen und Leoparden gefährdet – aber auch große Huftiere, wie Büffel, können ihnen gefährlich werden. Deshalb: Lasst die Verstecke in Ruhe und macht sie nicht auffällig durch Autokolonnen!

Heikel: Geparde in der Wiege

Reinhard Radkes Kolumne zur afrikanischen Tierwelt

Wer jemals das Wunder einer Antilopengeburt gesehen hat, staunt, wie schnell die Jungen auf die Beine kommen und ihren Müttern folgen – legendär sind die Gnukälber, die schon nach wenigen Tagen mit dem Tempo der Alten mithalten. Bei Raubkatzen sieht dies ganz anders aus. Die Jungen kommen blind und mit unvollständiger Thermoregulation zur Welt, nicht in der Lage, sich koordiniert auf den Beinen zu halten. Sie müssen warmgehalten und ständig beschützt werden, zumal Raubtiere untereinander sehr intolerant sind und Konkurrenten bei jeder Gelegenheit töten. Auch Büffel sind bekannt dafür, kleine Löwen oder Geparde zu zertrampeln, wenn sich eine Chance dafür bietet. Geparde leiden besonders unter diesen Zwängen: In Gebieten mit hoher Löwendichte, wie in der zentralen Serengeti, überleben nur rund fünf Prozent der Gepard Jungen. In Maasai Mara wird es für Gepard Mütter zusätzlich schwierig, weil die Jungen besonders im Fokus von Touristen stehen. Deshalb wird es immer wichtiger, ihre Wurfverstecke nicht zu belagern.

Auffällig unauffällig: Dieses Weibchen brachte ihre Babys in einem flachen Busch zur Welt, wie es sie ringsum zu Tausenden gibt. Schon aus wenigen Dutzend Metern deutet nichts darauf hin, dass hier ein Wurf versteckt sein könnte. Gleichzeitig hat das Weibchen aber gute Sicht und kann früh auf Gefahren reagieren.
Knuddelig: Die Jungen kommen blind und hilflos zur Welt. Sechs bis acht Wochen werden sie in Verstecken (Lairs) untergebracht, bis sie der Mutter folgen können. Das Weibchen verlässt sie anfangs nur für die kurzen Jagdausflüge.

Als ich 2011 an einem Film über Geparde arbeitete, bemerkte mein Guide Kasao Learat eine auffällige Gepardin: Ihr Bauchfell war lang und flauschig, typisch für säugende Mütter, dazu ging sie rastlos, ohne Pause und ohne sich um Jagdmöglichkeiten zu kümmern. Er deutete die Zeichen richtig und begleitete sie tatsächlich bis zu ihrem Wurfversteck, in dem vier winzige Babys lagen. Kasao ist ein besonders erfahrener Guide und verließ das Lager sofort wieder. Glücklicherweise war für diesen Film ein zusätzlicher Kameramann mit einem weiteren Geländewagen eingeplant, so dass die Aufnahmen weitergingen, während ich das Versteck aus fast einem Kilometer Entfernung beobachtete. Wir wollten natürlich Aufnahmen der Jungen, aber auch keine Autokolonnen am Versteck. So hielten wir uns nur für wenige Minuten am Lager auf, schossen schnell die benötigten Aufnahmen und hielten ansonsten Abstand. Mein Ansitz galt in erster Linie der Chance, einen Umzug zu filmen, was dann auch zweimal gelang.

Peinlich reinlich: Um verräterischen Geruch zu vermeiden, werden die Kleinen ständig sauber geleckt. Nur durch diese Massage geben sie überhaupt Harn und Kot ab. Trotzdem ist das Lager nach einer Woche durch die Bewegungen des Weibchens zertreten und wird zunehmend auffällig.

Wir schafften es mit Unterstützung der Ranger, das Weibchen ohne größeres Aufsehen durch die ersten Wochen zu bringen. Nur einmal spitzte sich die Situation zu, als herumstreifende junge Löwenmännchen nur 30 Meter neben dem Lair rasteten. Das Weibchen behielt eisern die Nerven, aber als es von den Löwen bemerkt wurde, war klar: Die großen Konkurrenten würden den verdächtigen Busch untersuchen. Als Filmemacher eine schwierige Situation. Man möchte natürliches Verhalten drehen, aber auch nicht dem sinnlosen Tod der herzallerliebsten Gepard Babys zuschauen. Wir hatten Ranger benachrichtigt, die neben uns die Szene beobachteten. Sie griffen sofort ein und vertrieben die Löwen. Gerecht? Unnötiger menschlicher Eingriff?? Mir war es jedenfalls in dem Moment sehr recht.

Umzug: In den Monaten der Lagerphase zieht das Weibchen mit den Jungen mehrmals um, damit immer wieder ein frisches, geruchsneutrales Versteck zur Verfügung steht. Diese Minuten sind besonders kritisch. Wird das Weibchen dabei von Löwen bemerkt, sind die Jungen in höchster Gefahr.

Die Situation zeigte sehr eindrücklich, weshalb wir uns so viel Mühe gaben, den Wurf vor Touristen zu verbergen. Die menschliche Neugier und der nachvollziehbare Wunsch, die niedlichen kleinen Geparde zu bewundern, hätten schnell zu unkontrollierbarem Chaos an dem Versteck geführt. Hyänen und Löwen werden von Wagenburgen angezogen, weil sie diese mittlerweile mit Raubtieren und Beute assoziieren. Für die Jungen wäre dies tödlich gewesen. Ich habe Gepard Familien beobachtet, die von Touristenwagen entdeckt wurden: An einem Vormittag war das halbmeterhohe Gras auf mehreren hundert Quadratmetern plattgefahren, bis an den Rand des Busches, unter dem die Tiere lagen.

Der Schutz der Jungen im Wurfversteck war denn auch der ursprüngliche Anlass, eine Patrouille wie „Cheetah For Ever“ zu gründen, um die Familien in dieser Zeit vor dem Massenandrang zu schützen. Dies wird in Maasai Mara nicht von allen gerne gesehen und ich werde mich dazu in einer anderen Kolumne weiter äußern. Was „unsere“ damalige Familie betrifft: Wir ließen sie nach drei Wochen völlig in Ruhe aber sie teilte das Schicksal so vieler anderer Geparde. Bei einem stichprobenartigen Besuch fanden wir das Lager zertreten, die Kleinen verschwunden. Vermutlich hatten Büffel die Katzen entdeckt.

 

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